Aus dem Sanella-Album Afrika

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Der gelbe trockene Sand spritzte vor unseren Füßen auf, und aus den Schwaden von Pulverdampf und Staub glühten die begeisterten Gesichter und blitzenden Augen der Reiter. Kurz darauf sprengte noch einmal, und noch einmal die wilde Jagd heran und das Spiel wiederholte sich. Dann zeigten einzelne Beduinen Kunststücke, wie z. B. Zielschießen vom galoppierenden Pferd. Die Sicherheit und Gewandtheit dieser Reiter war erstaunlich. Während sie sich an Wildheit zu überbieten suchten, wurden sie durch die gellenden Freudentriller der Frauen, die mit glänzenden Augen dem erregenden Spiel folgten, immer wieder angespornt. Nach dieser Vorstellung traten zwei Neger vor. Auch sie hielten lange Flinten in den Händen. Sie schritten und sprangen nach den Takten der Musik tanzend aufeinander zu. Sofort hatte sich ein Kreis um die Tänzer gebildet. Dann knieten die Schwarzen gleichzeitig nieder, sprangen auf, legten ihre langen Flinten aufeinander an, federten wieder zurück, rissen die Gewehre hoch über den Kopf und feuerten sie zu gleicher Zeit auf den Boden ab.

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Sie waren mit Begeisterung dabei. Weiß leuchteten ihre Zähne in den dunklen schweißtriefenden Gesichtern. Der Witz in diesem Spiel bestand darin, daß die Tänzer ihre Gewehre gleichzeitig abschießen mußten. Wenn einer zu früh oder zu spät feuerte, gab es Spott und Gelächter. Nach Beendigung der Spiele zogen die Vornehmen mit ihren Truppen in die Stadt zurück. Bill versuchte den Sinn dieser Pulverspiele zu erforschen. Er glaubte eine Erklärung darin zu finden, daß die früher räuberischen Beduinen in diesem lab=el=barud einen harmlosen Ausgleich suchten. In den Bergen des Atlas wie in den Städten und Steppen bilden diese Spiele die Höhepunkte verschiedener festlicher Anlässe. In diesen Pulverspielen kann man deutlich den kühnen, leidenschaftlichen und kriegerischen Charakter dieser Stämme erkennen. Diese imponierende Fantasia kam uns vor wie ein großes Abschiedsfest unserer erlebnisreichen und interessanten Fahrt durch Afrika. Bei diesem Spiel grüßten uns noch einmal die Vornehmheit und Würde, die Schönheit und der Glanz, die Kühnheit und Wildheit der nordafrikanischen Landschaft. Die beiden dunkelhäutigen Tänzer waren gleichsam die Vertreter des schwarzen Afrikas, das uns damit den letzten Gruß entbot.

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ABSCHIED VON AFRIKA

Einen schöneren Abschied hätte es für uns nicht geben können. Die Stunde der Trennung rückte immer näher. Bill hatte sich eine Schiffskarte nach Amerika und für mich eine nach Deutschland beschafft. Bis zuletzt erinnerten wir uns an gemeinsame Erlebnisse und immer wieder hieß es "Weißt du noch - damals?" Mein Schiff fuhr einen Tag eher. Als ich dann an der Reeling stand und Bill mir noch einmal herzlich die Hand drückte, spürten wir erst, wie schwer uns der Abschied wurde. Bill sagte mir noch: "Du mußt einmal zu mir herüber in unser schönes Amerika kommen!" Dann heulten die Schiffssirenen auf, der Dampfer legte ab, und im brodelnden Kielwasser blieb "mein erlebnisreiches Afrika" zurück.

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